Multicast Routing

In der Datenkommunikation unterscheidet man grundsätzlich vier Kategorien von Kommunikationsbeziehungen: Unicast, Broadcast, Multicast und Anycast. Unter Unicast versteht man die 1:1-Kommunikation, d. h. ein Sender kommuniziert mit einem Empfänger. Bei Broadcast sendet ein Sender Daten an alle angeschlossenen Geräte (1:n-Beziehung, bzw. "einer an alle"). Diese Kommunikationsmethode ist für bestimmte Dienste wie IPTV ineffizient, da alle Clients die Daten erhalten würden, also auch die Clients die kein Interesse daran haben. Daher gibt es mit Multicast eine weitere Methode, um Sender / Empfänger-Beziehungen herzustellen.. Multicast ist eine effiziente Kommunikationsmethode bei der ein Sender die Daten nur an die Geräte sendet, die Interesse an den Daten haben (1:m Beziehung, bzw. "einer an viele"). Empfänger müssen daher, bevor sie Daten empfangen, ihr Interesse durch Signalisierungsnachrichten bekunden. Bei der Kommunikationsbeziehung Anycast sendet ein Sender die Daten an einen beliebigen Empfänger aus einer Gruppe. In diesem Kapitel wird das Thema Multicast weiter behandelt.

Bei Multicast unterscheidet man grundsätzlich zwischen den folgenden Rollen: Sender und Empfänger. Ein Empfänger ist beispielsweise ein IPTV-Receiver oder ein mobiles Endgerät / PC. Unter einem Sender versteht man die Multicast-Quelle, z. B. einen IPTV-Sender. Wenn ein Client Multicast-Daten erhalten möchte, z. B. einen IPTV-Kanal, so bekundet er sein Interesse durch das Senden eines IGMP (Internet Group Management Protocol) Membership Reports bzw. bei IPv6 eines MLD (Multicast Listener Discovery) Membership Reports. Ein Multicast-Router erzeugt daraufhin automatisch einen Multicast-Routing Eintrag für diese Gruppe. Die Daten fließen dann "rückwärts" von der Quelle zum Empfänger. Besteht beim Client kein Interesse mehr an den Multicast-Daten, so sendet dieser eine entsprechen Membership Report zum Verlassen der Gruppe.

Der IP-Adressbereich für Multicast ist definiert von 224.0.0.0 bis 239.255.255.255 bei IPv4 bzw. als Präfix FF00::/8 bei IPv6. Man unterscheidet bei Multicast grundsätzlich in verschiedene Gültigkeitsbereiche, z. B. Link Local, Source Specific Multicast (232.0.0.0 bis 232.255.255.255) oder Organization-Local Scope (239.0.0.0 bis 239.255.255.255).

Weiterhin unterscheidet man zwei Kategorien von Multicast: Any Source Multicast (ASM) sowie Source Specific Multicast (SSM). Bei Any Source Multicast, dargestellt als (*,G), gibt der Empfänger nur die Multicast-Gruppe G an, und akzeptiert diese von beliebigen Quellen *. Any Source Multicast ist die ältere Variante der beiden Verfahren. Source Specific Multicast ist die moderne Variante bei der ein Empfänger neben der gewünschten Gruppe auch eine oder mehrere Quellen S anfordert. SSM setzt allerdings IGMPv3 bzw. MLDv2 voraus. Nach Möglichkeit sollte grundsätzlich SSM mit IGMPv3 eingesetzt werden, da dies besser skaliert. In der Regel basieren IPTV-Architekturen auf SSM.

Multicast-Routen werden nicht in der normalen (Unicast-)Routing-Tabelle verwaltet, sondern in einer separaten Multicast-Routing-Tabelle. Die Routing-Einträge dort werden in der Regel nicht statisch konfiguriert, sondern von Multicast-Routing-Protokollen wie PIM (Protocol Independent Multicast) oder einem Proxy, z. B. IGMP-Proxy, dynamisch erzeugt. Grundsätzlich setzt Multicast eine funktionierende Unicast-Routing-Tabelle voraus, da beim Reverse Path Forward Check (RPF-Check) geprüft wird, ob es eine Route zur Multicast-Quelle gibt. In der Regel wird neben einem Multicast Routing Protokoll wie PIM auch immer ein Unicast Routing-Protokoll verwendet, beispielsweise OSPF.

Für ein Szenario mit Multicast-Routing stehen drei Ansätze zur Verfügung:
  1. Für ein einfaches Multicast-Routing-Szenario: Einsatz des IGMP- / MLD-Proxies.
  2. Für ein komplexes Multicast-Routing-Szenario: PIM SSM.
  3. Konfiguration von statischen Gruppeneinträgen wird nur empfohlen, wenn Clients kein IGMP / MLD beherrschen.

PIM Sparse Mode kann ebenfalls statt PIM SSM zum Einsatz kommen, allerdings muss sowohl die Rolle des Rendezvous Points als auch die des First-Hop-Routers direkt vor der Multicast-Quelle von einem Dritthersteller übernommen werden.

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